Die Regel des heiligen Benedikt hilft vielen Manager:innen durch den Führungsalltag
Als Berater und Trainer habe ich bei einigen Manager:innen die Benediktinerregel in der Büchersammlung entdeckt. Ich habe das Gymnasium im Benediktinerkloster Einsiedeln besucht. Verschiedene Mönche waren unsere Lehrer, welche benediktinische Grundwerte in den Unterricht integrierten. Bei einem Lehrer Physikunterricht zu besuchen, welcher auch ein theologisches Studium neben der Naturwissenschaft hatte, war eine lebensweisende Erfahrung. Philosophieunterricht bei einem Mönch zeigt eine neue Dimension des Lebens für junge Menschen.
Weshalb orientieren sich heutige, moderne Manager:innen an einer Regel für katholische Klöster? Diese Frage führte mich dazu, die Regel des heiligen Benedikt etwas genauer zu analysieren und Führungsgrundsätze dazu zu finden. Christoph Franz, VR-Präsident des Basler Pharmakonzerns Roche sagte dazu: «Benedikt von Nursia verteilte zwar keine Ratschläge – wer jedoch sein Regelwerk aufmerksam liest und auf die heutige Zeit, auf das heutige Management anwendet, wird gut beraten.»
Sieben Elemente aus der Regel entwickeln das (Führungs-)Verhalten
Element 1: Zuhören
Benedikt beginnt die Regel mit der Aufforderung «höre». Wer seinem Mitarbeitenden zuhört, hat die Chance den Mitarbeitenden zu verstehen. Die Motivation des Mitarbeitenden ist individuell. Es gibt keine Standardmotivation, die man bei Gebrauch einsetzen kann. Es braucht die Gabe des Zuhörens, damit man den Mitarbeitenden versteht. Wenden Sie ihr Ohr dem Mitarbeitenden zu, hören Sie auf seine Motivation, seine Wünsche und Schwierigkeiten.
Element 2: Loyalität
Ein Team soll gemeinsam funktionieren. Verständnis für einander und miteinander bewirkt eine Loyalität zueinander. Sobald drei oder mehr Menschen miteinander arbeiten, beginnen sich Gruppen zu bilden. Trotzdem soll die Loyalität nie verloren gehen. Für die Firma einstehen, Stolz sein für eine Firma zu arbeiten – eben loyal sein ist ein wichtiger Wert. Das Ziel der Führungspersönlichkeit liegt darin, die Kräfte der verschiedenen Mitarbeitenden zu bündeln und so das gemeinsame Ziel zu erreichen. Die Kraft eines Teams entsteht, wenn alle in die gleiche Richtung gehen und alle das gemeinsame Ziel verfolgen wollen.
Element 3: Schweigen
Eine Führungskraft muss schweigen und zuhören können. Nur so kann der oder die Vorgesetzte aufnehmen, erkennen und anerkennen, was dem Mitarbeitenden wichtig ist. Es gibt Momente in der Kommunikation, bei denen wir «einatmen». Wir nehmen auf indem wir zuhören und dabei sind. Es gibt Momente in der Kommunikation bei denen wir «ausatmen». Wir verarbeiten was wir gehört haben und ordnen das gehörte gedanklich in eine uns richtige Logik. Ein- und Ausatmen funktioniert nur wenn ich schweige. «Reden ist Silber, Schweigen ist Gold», diese alte Binsenwahrheit stimmt auch für die Führungsaufgabe.
Element 4: Authentisch bleiben
«Ein wohlklingender Titel auf der Visitenkarte ist kein Grund abzuheben, sondern Verantwortung zu übernehmen». Diese Aussage von Christoph Franz bringt es auf den Punkt. Das Kapitel sieben der Demut ist ein sehr wichtiges Kapitel in der Benediktinerregel. Eigentlich sollte es normal sein, dass auch Manager:innen die Bodenhaftung bewahren und sich selber bleiben. Viele Führungskräfte verändern ihr Verhalten durch die neue Funktion. Überheblichkeit hat keinen Platz in der Mitarbeitendenführung. Die Autorität muss sich eine Führungskraft mit seiner Wirkung und seiner Persönlichkeit verschaffen.
Element 5: Das rechte Mass
Die Persönlichkeit des Menschen ist geprägt durch zwei Charakterausprägungen: die konsequente Seite und die liebevolle Seite des Charakters. Die Führungskraft muss die beiden Seiten der Persönlichkeit ausleben. Konsequent etwas verlangen und verständnisvoll für die Anliegen des Mitarbeitenden sein; Leistung verlangen und loslassen können; antreiben und treiben lassen; autoritär und kollegial führen. Diese Führungsgrundsätze gilt es im rechten Mass einzusetzen.
Element 6: Freude haben
Die positive Grundeinstellung ist eine Grundanforderung für die Führungsperson. Freude, Zufriedenheit und Ausstrahlung motivieren die Mitarbeitenden und sind letztendlich auch Selbstmotivation für die Vorgesetzten. Nach Benedikt hat Freude damit zu tun, dass wir Menschen Trösten, Ermutigen, Helfen und Stärken, um in der Gemeinschaft Freude zu erleben. Mit Freude zu führen macht mehr Freude.
Element 7: Wertschätzend sein
Geben Sie dem oder der Mitarbeiter:in Anerkennung. 7 von 10 Mitarbeitende reagieren positiv auf ein Lob, ein Kompliment oder ein schlichtes Dankeschön des Chefs/der Chefin. Fördern Sie die Motivation ihrer Mitarbeitenden, in dem Sie selber motivierend sind. So geben Sie dem, was ihr Mitarbeitende macht einen Wert.
Diese 7 Elemente zeigen, dass die Regel des hl. Benedikt von Nursia noch heute Bestand hat. Die Grundwerte der Regel sind keine überholten altmodischen Tugenden, sondern sollten zur charakterlichen Grundausstattung einer jeden Führungskraft gehören.
Trainer & Partner
Roger Zosso ist langjähriger Trainer und Partner der Rudolf Obrecht AG. Seine Stärken liegen nicht nur in der individuellen Begleitung von Führungs- und Verkaufspersönlichkeiten oder in Verkaufs-, Kommunikations- und Führungstrainings, sondern auch in der betriebswirtschaftlichen Entwicklung Ihrer Mitarbeitenden.